Zur formwechselnden Sitzverlegung einer luxemburgischen S.C.S. nach Deutschland

Mit Beschluss vom 30. Juni 2020 hat das Oberlandesgericht Oldenburg (12 W 23/20 (HR)) den grenzüberschreitenden Formwechsel einer luxemburgischen Société en commandite simple (S.C.S.) in die Rechtsform einer deutschen Kommanditgesellschaft (KG) für zulässig erklärt. Während bislang nur der (Herein-) Formwechsel einer Kapitalgesellschaft aus dem EU-Ausland nach Deutschland erprobt und obergerichtlich bestätigt wurde, stellt dieser Beschluss klar, dass auch der grenzüberschreitende (Herein-) Formwechsel von Personengesellschaften grundsätzlich möglich ist.

Gegenstand der Entscheidung war eine luxemburgische Investment-Fonds-Gesellschaft in der Rechtsform einer S.C.S., deren Gesellschafter beschlossen, (i) die Gesellschaft identitätswahrend in eine deutsche KG umzuwandeln, (ii) den Sitz grenzüberschreitend nach Deutschland zu verlegen, (iii) den Gesellschaftsvertrag entsprechend zu ändern und (iv) eine GmbH als weitere Komplementärin aufzunehmen. Das zuständige Registergericht wies die Anträge mit der Begründung zurück, die grenzüberschreitende Sitzverlegung sei unzulässig. Es fehle an gesetzlichen Regelungen, wie eine derartige Sitzverlegung durchzuführen sei und wie dabei die Differenzen in den Registerführungen beider Länder geschlossen werden könnten. Insbesondere enthalte das Umwandlungsgesetz keine Regelungen über die Hineinverschmelzung einer Personengesellschaft aus dem Ausland.

Die Investment-Fonds-Gesellschaft legte hiergegen Beschwerde ein.

Der für die Beschwerde zuständige 12. Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg erklärte in seinem Beschluss den Wechsel für zulässig und eintragungsfähig – ohne dass es eines Rückgriffs auf übergeordnete europarechtliche Grundsätze bedarf. Er verwies hierbei unter anderem auf die sogenannte „Trabrennbahn-Entscheidung“ des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 2008 (BGH II ZR 158/06, NJW 2009, 289): Verlege eine nach ausländischem Recht gegründete Gesellschaft ihren Verwaltungssitz nach Deutschland, werde die Gesellschaft grundsätzlich ohne Umwandlungsverfahren als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder Offene Handelsgesellschaft (OHG) behandelt. Würde nun einer in einem Mitgliedsstaat der EU gegründeten Gesellschaft dieser Weg der Niederlassung in Deutschland versperrt, stelle dies eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dieser Gesellschaften dar gegenüber denjenigen Gesellschaften, die außerhalb der EU gegründet wurden.

Ebenso sei es möglich, die Sitzverlegung mit der Eintragung der Haftungsbeschränkungen der Kommanditisten zu verbinden und so direkt in die Rechtsform einer KG zu wechseln.

Die sich daran anschließende Frage, ob der Wechsel identitätswahrend (entsprechend der „VALE-Entscheidung“ des EuGH vom 12. Juli 2012) oder nur per Auflösung im Ausland und anschließender Neugründung in Deutschland durchgeführt werden könne, richte sich nach dem jeweiligen ausländischen Recht. Das im vorliegenden Sachverhalt einschlägige Luxemburger Recht regelt den Fall dergestalt, dass die Gesellschaft mit der Sitzverlegung zwar ihr luxemburgisches Gesellschaftsstatut verliere, nicht aber ihre Rechtspersönlichkeit. Daher sei nach Ansicht des Oberlandesgericht Oldenburg der Wechsel in die Rechtsform der Kommanditgesellschaft identitätswahrend möglich.

Fazit:

Es ist zu erwarten, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg eine erhebliche Bedeutung für die Praxis haben wird und noch weitere Fond-Gesellschaften den neu eröffneten Handlungsspielraum in ihre Überlegungen einbeziehen werden. Gerade im Hinblick auf luxemburgische Kommanditgesellschaften bleibt allerdings zu beachten, dass der die grenzüberschreitende (identitätswahrende) Sitzverlegung beabsichtigende Rechtsträger über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen muss. Während die S.C.S eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt, hat die Société en commandite spéciale (S.C.Sp), eine Spezialkommanditgesellschaft nach dem Recht Luxemburgs, keine eigene Rechtspersönlichkeit. Hier dürfte allerdings ein Formwechsel der S.C.Sp in eine S.C.S aufgrund Luxemburger Recht möglich sein, mit einem anschließenden grenzüberschreitenden Formwechsel der S.C.S in eine deutsche Kommanditgesellschaft.