Pflicht zur Veröffentlichung von Informationen zur Nachhaltigkeit von Investitionsentscheidungen

Nachhaltigere Investitionsentscheidungen durch die Offenlegungsverordnung

Ab dem 10. März 2021 greift die Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor (Offenlegungsverordnung). Mit der Offenlegungsverordnung sollen harmonisierte Vorschriften für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater über Transparenz bei der Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken und der Berücksichtigung nachteiliger Nachhaltigkeitsauswirkungen in ihren Prozessen und bei der Bereitstellung von Informationen über die Nachhaltigkeit von Finanzprodukten festgelegt werden. “Comply-or-explain“ soll das Thema Nachhaltigkeit im Finanzmarkt verankern.
Die Offenlegungsverordnung ist unmittelbar geltendes Recht und bedarf daher keiner Umsetzung in nationales Recht.

Wer muss die Offenlegungsverordnung anwenden?

Die Offenlegungsverordnung gilt für „Finanzmarktteilnehmer“ und „Finanzberater“. Der Begriff der Finanzmarktteilnehmer ist weit gefasst und meint unter anderem Versicherungsunternehmen, die ein Versicherungsanlageprodukt anbieten, Wertpapierfirmen und Kreditinstitute, die Portfolioverwaltung anbieten, wohl auch AIF- und OGAW-Verwaltungsgesellschaften sowie Fondsgesellschaften, die Produkte für die Altersvorsorge auflegen und Einrichtungen der betrieblichen Altersvorsorge.
Insbesondere auch die Verwalter von Private Equity oder Venture Capital Beteiligungen, werden damit oftmals – abhängig von ihrer Strukturierung – in den Anwendungsbereich der Offenlegungsverordnung fallen.

Was muss offengelegt werden?

Offenlegungspflichten ergeben sich sowohl auf Unternehmens- als auch auf Produktebene. Über Veröffentlichungen auf der Internetseite, vorvertragliche Informationen und periodische Berichte soll mit der Offenlegungsverordnung in den Kategorien „Nachhaltigkeitsrisiken“ und „negative Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“ Transparenz geschaffen werden.

Ein Nachhaltigkeitsrisiko ist laut Offenlegungsverordnung „ein Ereignis in den Bereichen Umwelt, Soziales oder Unternehmensführung, dessen Eintreten tatsächlich oder potenziell wesentliche negative Auswirkungen auf den Wert der Investition haben könnte“. Nachhaltigkeitsfaktoren sind „Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelange, die Achtung der Menschenrechte und die Bekämpfung von Korruption und Bestechung“.

Hierzu sind dem 10. März 2021 grundsätzlich die folgenden Informationen auf der Internetseite zu veröffentlichen:

  • Unternehmensstrategien für den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken bei ihren Investitionsentscheidungen (Finanzmarktteilnehmer) bzw. bei ihren Anlageberatungs- oder Versicherungsberatungstätigkeiten (Finanzberater),
  • Angaben zu nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen auf Ebene des Unternehmens („Principal adverse sustainability impacts statement“),
  • Angaben zur Einbeziehung von Nachhaltigkeitsrisiken in die Vergütungspolitik.

Darüber hinaus haben vorvertragliche Informationen, Angaben zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsrisiken auf Produktebene zu enthalten und spätestens ab dem 30. Dezember 2022 sind außerdem Angaben zu den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren („Principal adverse impacts“) auf Produktebene zu veröffentlichen.

Bei der Bewerbung ökologischer oder sozialer Merkmale und bei nachhaltigen Investitionen greift ab dem 10. März 2021 neben einer vorvertraglichen Informationspflicht, auch die Pflicht Informationen hierzu auf der Internetseite zu veröffentlichen und es besteht (wohl) ab dem 1. Januar 2022 die Pflicht zur Erstellung periodischer Berichte.
Ebenfalls ab dem 1. Januar 2022 sollen dann auch „andere“ Finanzprodukte, d.h. solche die keine ökologischen oder sozialen Merkmale aufweisen und keine nachhaltigen Investitionen darstellen, den Veröffentlichungspflichten unterliegen.

Die Aktualität sämtlicher veröffentlichter Informationen ist regelmäßig zu überprüfen und es ist sicher zu stellen, dass die Informationen stets auf dem aktuellen Stand sind. Darüber hinaus müssen sämtliche übrigen Marketingunterlagen des Unternehmens mit den veröffentlichten Informationen übereinstimmen.

Offene Fragen im Hinblick auf die praktische Umsetzung

Das Bemühen um mehr Transparenz im Finanzmarkt mit dem Ziel „Greenwashing“ zu verhindern und nachhaltige Investitionen zu fördern ist grundsätzlich zu befürworten. Im Hinblick auf die praktische Umsetzung könnte die Offenlegungsverordnung allerdings bereits jetzt klarer sein, doch die Konkretisierung durch delegierte Rechtsakte steht noch aus. So sind insbesondere Fragen im betreffend den konkreten Anwendungsbeginn einzelner Vorschriften der Offenlegungsverordnung offen.

Bislang bleibt Unternehmen (jeder Größe) nur, sich entsprechend der Empfehlung der EU-Kommission an den Entwürfen der Rechtsakte zu orientieren und sich auf das vollständige Wirksamwerden umfassend vorzubereiten.

Weitere Verordnungen und geplante Gesetze mit ESG-Bezug

Neben der Offenlegungsverordnung gehört die Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Errichtung ­eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088), die bereits am 12. Juli 2020 in Kraft getreten, zwingend allerdings erst ab dem 1. Januar 2022 bzw. 1. Januar 2023 anzuwenden ist (Taxonomie-Verordnung) zum Kernbereich des EU-Aktionsplans zur Erreichung der Klimaziele und Verringerung der Risiken und Auswirkungen des Klimawandels. Mit der Taxonomie-Verordnung wurde das Klassifikationssystem zur Beurteilung ökologisch nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten in die Offenlegungsverordnung integriert. Wie auch bei der Offenlegungsverordnung handelt es sich bei der Taxonomie-Verordnung um unmittelbar geltendes Recht.

Auf nationaler Ebene werden mit dem Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlagen (Fondsstandortgesetz) aufsichtsrechtliche und steuerrechtliche Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität des Fondsstandortes Deutschland implementiert. Unter anderem soll eine Anpassung des KAGB, WpHG und VAG an die Offenlegungsverordnung und die Taxonomie-Verordnung erfolgen, womit auch das Fondsstandortgesetz einen Beitrag zur stärkeren Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten in den Investitionsentscheidungen von Finanzmarktakteuren leisten soll.