Am 10. Februar 2021 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG) beschlossen. Das DiRUG dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 im Hinblick auf den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im Gesellschaftsrecht (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 80 – Digitalisierungsrichtlinie).
Die Digitalisierungsrichtlinie verfolgt den Zweck, durch den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren die Gründung von Gesellschaften und die Errichtung von Zweigniederlassungen europaweit grenzüberschreitend zu vereinfachen, um diese Verfahren im Hinblick auf Kosten und Zeit effizienter zu gestalten. Dabei soll den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Globalisierung und Digitalisierung im Bereich des Gesellschaftsrechtes Rechnung getragen werden. Die Schaffung diverser Online-Werkzeuge sowie die Vereinheitlichung auf Unionsebene ist – nicht nur zu Zeiten von COVID-19 – sehr zu begrüßen.
Die Digitalisierungsrichtlinie enthält eine Reihe von Regelungen, insbesondere die Verpflichtung zur Einführung der Online-Gründung der GmbH, zu Online-Verfahren bei Registeranmeldungen für Kapitalgesellschaften und Zweigniederlassungen, zur Einreichung und Offenlegung von Urkunden und Informationen im Handels- und Unternehmensregister sowie zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über das Europäische System der Registervernetzung.
Der Gesetzesentwurf enthält zur Umsetzung der Richtlinienvorgaben eine Reihe von Regelungen, die teilweise grundlegende Änderungen im System des deutschen Registerwesens zur Folge haben. Dies betrifft insbesondere die folgenden Regelungsaspekte:
Die Online-Gründung einer GmbH soll durch die Schaffung von gesetzlichen Rahmenbedingungen für die notarielle Beurkundung von Willenserklärungen mittels Videokommunikation möglich werden. Darüber hinaus soll auch die öffentliche Beglaubigung virtuell stattfinden. So sollen qualifiziert elektronische Signaturen durch Notarinnen und Notare mittels Videokommunikation beglaubigt werden können. Das Videokommunikationssystem soll dabei von der Bundesnotarkammer betrieben werden; andere Videokommunikationssysteme wie etwa Zoom oder WebEx sind hingegen nicht zulässig.
Die Möglichkeit einer Beurkundung und Beglaubigung mittels Videokommunikation ermöglicht neben der Online-Gründung einer GmbH auch die Online-Eintragung von Zweigniederlassungen sowie die Online-Einreichung von Urkunden und Informationen. Dabei soll die Ausgestaltung dieser Online-Verfahren von der Beibehaltung der hohen Standards notarieller Beurkundungsverfahren geprägt sein.
Die Digitalisierungsrichtlinie gibt vor, dass es zukünftig bei der Offenlegung von Urkunden und Informationen nicht länger auf die Offenlegung in einem separaten Amtsblatt oder Portal ankommen darf. Es soll daher eine Umstellung des bisherigen Bekanntmachungswesens und der bisherigen Offenlegungsstruktur dahingehend erfolgen, dass es nicht länger einer separaten Bekanntmachung von Registereintragungen in einem Bekanntmachungsportal bedarf, sondern dass Eintragungen in den Registern zukünftig dadurch bekannt gemacht werden, dass sie in dem jeweiligen Register erstmalig (online) zum Abruf bereitgestellt werden.
Die Digitalisierungsrichtlinie fordert eine umfassende kostenlose Zugänglichmachung von Registerinformationen über das Europäische System der Registervernetzung. Dies führt dazu, dass das DiRUG vorsieht, dass zukünftig für den Abruf von Daten aus dem Handelsregister oder von Dokumenten, die zum Register eingereicht wurden, generell auf die Erhebung von Abrufgebühren verzichtet werden soll. Zur Vereinheitlichung soll dies auch für das Vereins-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregister gelten. Die Kosten für die Bereitstellung dieser Daten und Dokumente soll jedoch durch Erhebung einer Bereitstellungsgebühr kompensiert werden.
Im Handelsregister sollen zukünftig auch Informationen über ausländische Zweigniederlassungen in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR von einer Kapitalgesellschaft mit Sitz im Inland einzutragen sein. Hinsichtlich der Anmeldung und Eintragung von Zweigniederlassungen im Inland von einer Kapitalgesellschaft, die dem Recht eines anderen Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaates des EWR unterliegt, sollen einige Erleichterungen eingeführt werden.
Zudem werden erstmals Regelungen zum grenzüberschreitenden Informationsaustausch über disqualifizierte Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen eingeführt. Diese sollen zukünftig einerseits die Berücksichtigung inländischer Bestellungshindernisse für die Bestellung von Geschäftsführern von Kapitalgesellschaften in anderen Mitgliedstaaten der EU oder Vertragsstaaten des EWR ermöglichen und andererseits spiegelbildlich in Deutschland die Berücksichtigung von Bestellungshindernissen oder entsprechenden Informationen aus anderen Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten erleichtern.
Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes lässt sich der deutsche Gesetzgeber noch etwas Zeit. Die Digitalisierungsrichtlinie ist grundsätzlich größtenteils bis zum 1. August 2021 in deutsches Recht umzusetzen. Die Bundesregierung hat jedoch von einer Verlängerungsoption Umsetzungsfrist um ein Jahr Gebrauch gemacht, sodass das DiRUG am 1. August 2022 in Kraft tritt.